Mein Kompaniechef

Wochenlang hatte ich ein Wechselbad der Gefühle hinter mir. Ein Teil der Verwandten und Freunde zeigte mir verbal den Vogel, weil ich mich entschlossen hatte, beim Bund Dienst zu tun. Ein anderer Teil bewunderte mich und der dritte hob gleichgültig die Schultern. Mir war die Meinung der meisten Leute ziemlich egal. Bestärkt wurde ich jedenfalls von meinem Vater, der sehr pragmatisch reagiert hatte: „Besser, als wenn du noch zwei Jahre arbeitslos herumläufst.“ Für mich war allerdings der Bund nicht nur die Möglichkeit, einen Job zu bekommen. Es reizte mich einfach, mich als Frau dort zu bewähren. Ich wollte mir beweisen, dass ich auch leisten konnte, was den Männern abverlangt wurde.
Natürlich war die Grundausbildung verdammt hart. Scheinbar ist das weibliche Innenleben eben ein wenig anders. Jedenfalls brachen manchmal die Tränen aus, wenn es im Zimmer schon dunkel war und jeder nur noch mit seinen Gedanken allein.

Die Grundausbildung war gerade vorbei, da baute sich eine neue Hürde für mich auf. Ich war mir ganz sicher, dass es zwischen dem Kompaniechef und mir gefunkt hatte. Gefährliche Blicke fing ich von ihm auf, wenn er sich einbildete, dass sie kein anderer mitbekam. Ich schickte ganz bestimmt glühende Signale zurück. Ich war einfach verschossen in diesen Mann und durfte es doch nicht zeigen. Die Tage schlichen so dahin. Die Minuten waren selten, manchmal waren es sogar nur Sekunden, die wir uns wenigstens ansehen konnten. Abends lag ich im Bett und hielt das Kissen fest im Arm, wenn niemand mich mehr beobachten konnte. Während der Grundausbildung war es mir niemals in den Kopf gekommen, meine Triebe herauszufordern. Nun gab es wesentlich weniger körperliche Anstrengungen und siehe da, die Hormone begannen verrückt zu spielen. Wie verworfen! Mit den Gedanken an meinen Kompaniechef begann ich heimlich unter dem Deckbett meine Brüste zu streicheln. Meistens konnte ich nicht wieder aufhören, bis ich mir eine ganze Etage tiefer herrliche Gefühle gemacht hatte. Im schönsten Moment drückte ich meinen Mund ins Kissen, um niemand aufmerksam zu machen. Eigentlich überflüssig, denn in unserem Vierbettzimmer war es nicht selten, dass eine Kameradin unmissverständlich leise stöhnte oder wimmerte. Sicher war es noch immer die Disziplin, die uns davon abhielt, uns gegenseitig in den Betten zu besuchen und uns zu trösten. Wenn ich so richtig in Fahrt war, kam es bei mir auch schon mal vor, dass ich dann noch einmal aus dem Bett sprang und auf Toilette musste. Dort hatte ich zumindest Bewegungsfreiheit und musste meine Stimmbänder nicht total abschalten.

Drei oder vier Wochen war ich schon verliebt, ohne dass es auch nur ein privates Wort zwischen ihm und mir gegeben hatte. Dann kam eine Gelegenheit zu einem persönlichen Kontakt. Der Tag der offenen Tür stand bevor und der Kompaniechef holte sich einzelne Leute seiner Kompanie, um sie in spezielle Aufgaben der Gästebetreuung einzuweisen. Ich war schon den ganzen Tag zitterig. Fünfzehn meiner Kameradinnen und Kameraden waren schon bei ihm gewesen. Endlich wurde auch ich zu ihm befohlen. Ich fluchte innerlich, weil die Tür zum Schreiber offen blieb. Mit ziemlich lautem und straffem Ton wies er mich ein. Dann frohlockte ich. Er schob mir einen Zettel zu mit Datum, Uhrzeit und einer Straßenecke am Stadtrand. ´Zivil und Badezeug!´ stand in Klammern. Ich war selig. Meine Antwort blitzte ich ihm mit verliebten Augen zu und er strahlte zurück. Den Zettel legte ich wieder auf den Tisch. Er landete zerfetzt im Papierkorb.

Zwei Tage schwebte ich wie auf Wolken. Meine Vorgesetzten waren mehr als zufrieden mit meinen Leistungen. Am Samstag hatte ich das Glück, dass ich so früh aus der Kaserne kam, um noch zum Frisör zu gehen. Ich verliebte mich selbst in mein Spiegelbild. Nach langer Zeit mal wieder in Zivil und mit einer tollen Frisur!
Pünktlich stand ich an der verabredeten Stelle. Ich freute mich, dass ich vor einem Schaufenster stand. So konnte ich mich noch einmal an meinem Spiegelbild ergötzen. Das raffinierte Dekollete des Sommerkleidchens brachte meine strammen Brüste wundervoll zur Geltung. Er sollte staunen. Unter der Uniform waren sie mitunter wie platt gedrückt. Auch meine schmalen Hüften wirkten verführerisch. Ich war perplex. Hart bremste an meiner Seite ein schnittiger Sportwagen. Ich kannte den Mann am Lenkrad gar nicht sofort wieder. Wie eine Uniform einen Menschen doch verändert. Streng und unnachgiebig sah er darin aus. Jetzt hätte ich ihn beinahe als Macho einstufen können. Er war keiner! Wie ein vollendeter Gentleman sprang er aus dem Wagen, kam herum und öffnete mir den Schlag. In diesem Moment waren die Dienstgrade für mich weggewischt. Während der nächsten zehn Kilometer musste ich mir seinen Dank für mein Kommen anhören und die ausgesuchtesten Komplimente für mich. Mehrmals betonte er, dass er sich schon am ersten Tag in mich verliebt hatte. Ganz stolz war er immer gewesen, dass er nur positive Einschätzungen von mir hörte.

Auf dem kleinen Parkplatz am Baggersee bekam ich den ersten Kuss und gab ihn noch viel feuriger zurück. Man hält es nicht für möglich! Heutzutage schon am ersten Tag eine formvollendete Liebeserklärung zu erhalten, das muss man wohl schon suchen.
Es war zugleich wunderschön und verdammt aufregend, wie wir im weichen Sand am Baggersee nebeneinander lagen. Schon mehrmals hatte er mir mit den Augen den Bikini ausgezogen und ich schickte so manch heimlichen Blick in seinen Schoß. Verdammt, dachte ich, jetzt wirst du im dunklen Schlafraum noch intensiver an ihn denken. Als bei ihm die Gefühle zu hoch brandeten, griff er meine Hand und rannte mit mir übermütig ins Wasser. Hier hatte er weniger Probleme, mich zu berühren, zu streicheln, mich wild zu bespritzen und zwischendurch auch mal ganz fest an sich zu drücken. Es war merkwürdig, obwohl wir sicher sein konnten, dass uns von den vielleicht zwanzig Leuten sicher keiner kannte, wurden wir das Gefühl nicht los, uns verbergen zu müssen.

Als der Nachmittag zur Neige ging, wurden wir immer nervöser und unzufrieden. Wir hatten uns durch viele Küsse und zärtliche Berührungen gegenseitig so aufgeschaukelt, dass es eigentlich gar keine Frage mehr gab. Behutsam brachte er mir bei, dass ich ihn leider in seiner Wohnung nicht besuchen konnte, weil der Zugführer des dritten Zuges mit in dem Mietshaus wohnte. Er muss mir meine Enttäuschung angesehen haben. Ich machte auch keinen Hehl daraus.
Später zogen wir uns etwas über die Schultern, weil es ein wenig kühl wurde. Ich ahnte, er wollte es so einrichten, dass wir am Strand die letzten wurden. So kam es. Wir machten nur Ortswechsel hinter ein paar dichte Büsche. Ich werde nie vergessen, wie zärtlich dieser Mann bei unserem ersten Mal war. Wie er mich verführte, das stellte alles in den Schatten, was ich bis dahin an allerdings dürftigen Erfahrungen hatte.

Bald ein halbes Jahr haben wir uns heimlich geliebt. Dann wurde meiner Versetzung zugestimmt und wir konnten uns bald danach als Paar zeigen. Heute stehe ich aus Spaß mitunter zu Hause vor meinem Mann noch stramm und sage zu seinen Wünschen: „Zu Befehl!“

Inzwischen habe ich mich als Soldat bewiesen. In drei Wochen geht meine Dienstzeit zu Ende. Mein Mann liegt neben mir und keucht noch ein bisschen. Vor ein paar Minuten hat er mir in höchster Wonne zugerufen: „Du kannst alles, was du willst. Nun werde eine glückliche Mama.“